Amsterdam Klezmer Band in der Ziegelhütte

Amsterdam Klezmer Band in der Ziegelhütte

Amsterdam Klezmer Band in der Ziegelhütte

Gemeinsamkeiten: Berühmte Käse und Leidenschaft für Musik mit Tradition und Herz

Kaum jemals wurde an einer Veranstaltung der Kulturgruppe Appenzell derart frenetisch applaudiert. Standing Ovations gab es am Samstag für die Amsterdam Klezmer Band, die den Boden über dem Brennofen in der Kunsthalle Ziegelhütte zum Vibrieren, ein paar Menschen zum Tanzen und alle zum Mitsingen, Mitklatschen und Jubeln brachte.

Schon das erste Stück, kraftvoll geschmettert wie eine Ouvertüre, löste Begeisterung aus. Die sieben Männer aus den Niederlanden, alles Charakterköpfe und brillante Instrumentalisten, hatten das Appenzeller Publikum von Beginn weg «im Sack». Egal ob man die Lieder (gesungen von Job Chajes und Alec Kopyt) – eine Mischung aus holländisch oder jiddischem Rap und Ratzliedli – verstand, der versetzte balkaneske Beat steckte alle an. In den alten und neuen Songs verstand man vielleicht «Mischpoche» und «gefillte Fisch» oder «Smartphone» und «Hipster», Spass machten die mitreissenden Tempi und Melodien und die schweisstreibende Spielfreude der Musiker allemal. Zwar fehlte die Tanzfläche vor der Bühne, die satten Bläsersätze und die treibenden Rhythmen des elektrischen Kontrabasses (Jasper de Beer) liessen dennoch niemanden ruhig sitzen bleiben.

Seelenverwandtschaft

Nach tausend Konzerten in ganz Europa ist die Amsterdam Klezmer Band extra für den Auftritt in Appenzell mit Flugzeug und Mietauto angereist. Nie hätte sich der Leiter der Kulturgruppe, Silvio Signer, als er die Band vor fünf Jahren an einem Festival gehört hatte, träumen lassen, die Amsterdam Klezmer Band einmal in Appenzell begrüssen zu können. Da schien sich eine Seelenverwandtschaft abzubilden: Die Holländer haben nicht nur einen berühmten Käse wie die Appenzeller, sondern auch die Liebe zu lebensfröhlicher Musik mit einem Schimmer Melancholie, die Leidenschaft für Musik die aus dem Herzen kommt und in die Beine fährt. Klezmer wie Appenzellermusik wurzelt tief in Traditionen und nimmt dennoch Einflüsse aus andern Kulturen auf. Und man ruft sich hier wie dort zu: «Hoi! Hoi! Hoi!»

Hinreissende Improvisationen
Die Stücke, oft wie Suiten strukturiert, viele wunderbar ausufernd, glichen langen Reisen: von Amsterdam über den Balkan bis in die russische Taiga, durch Multikulti-Städte bis ins Schtetl. Die narrativen, virtuosen Improvisationen und Soli der Bläser (Job Chajes‘ lyrischen Saxofoneinlagen, die hinreissend mäandrierenden Trompeten-Improvisationen von  Gijs Levelt, Joop van der Lindens zwerchfellstreichelnde Posaunensoli und die perlenden Klarinettenläufe), sowie des Bassisten, der Sänger und des Akkordeonisten (Theo van Tol)  wurden von den 140 Gästen heftig applaudierend verdankt. Die progressive Klezmermusik, gewürzt mit Einflüssen von amerikanischem Swingjazz bis zum russischen Volkslied gefiel dem Publikum dermassen, dass es klatschend, pfeifend und johlend nach mehr verlangte. Es verabschiedete sich stehend applaudierend von der famosen Amsterdam Klezmer Band.


Text und Bilder: Monica Dörig