AV - Einer wie Nils Althaus

Das Berner Multitalent unterhielt das Appenzeller Publikum mit klugen Texten und schöner Musik

 

Appenzell hat kein Kino. Jungtalent Nils Althaus - Filmschauspieler, Kabarettist und Troubadour - war dank der Einladung der Gfi-Kulturgruppe am Samstag im Restaurant Alpstein dennoch live zu erleben.

 

Nils Althaus spielt im Kinofilm «Eine wen iig» den jungen Dällebach Kari. In Appenzell stellte er sich als Kleinkünstler, als Kabarettist und Liedermacher vor. Dafür schlägt sein Herz, das macht er besonders gern.

 

Von den Musen begünstigt

 

Das Publikum konnte sich herzlich daran freuen, denn Nils Althaus ist nicht nur diplomierter Biochemiker ETH sondern vor allem ein von den Musen begünstigter junger Mann. Er spielt virtuos Gitarre. Filigran umschlingt er saftige Blueslinien mit Saitenverzierungen; trockene Riffs versprühen funky Funken. Er erzeugt sphärische Harfenklänge ebenso wie legere Jazzmelodien und sogar fahrstuhltauglichen Easy-Listening-Sound. Dazu singt er mit einer schönen variantenreichen Stimme in Berner Mundart.

In der Tradition der Troubadoure wie Mani Matter spielt er mit Worten, Andeutungen und unverhofften Wendungen. Er erklärt uns das Menschsein nicht als Forscher sondern mit hintersinnigem Humor. Mit den süffigen Melodien sind die Wahrheiten angenehm zu schlucken.

Er nimmt der Schweizer Vorurteile aufs Korn und nichtssagende (englische) Poptexte auf die Schippe. Er singt die Hymne des letzten seiner Art, des menschenrechtskonformen Süsswasserpiraten als wärs ein Lied von Brecht.

Er streut ein wenig Dadaismus ins Programm und hat gar das Lied der Wahrheit ersonnen. Das Publikum weiss, es gibt Momente da behält man sie besser für sich auch wenn man gern wie Althaus heraus posaunen würde was man sich ehrlich wünscht: Ein Wochenende, das drei Tage dauert und die andern vier Tage frei... und bitte nur das Gelbe aus Kolumbus' Ei.

 

Die optimale Dosierung

 

Als mässig überzeugender Schutzengelchor zelebriert der Kabarettist die Beschwichtigungskommunikation von Bankern und Politikern. Nur diesmal kommt sie aus dem Cockpit eines lädierten Flugzeugs und das Makabre der Worthülsen wird umso deutlicher.

Einer wie Nils Althaus macht es genau richtig, nämlich keine zu grossen Gesten. Er sitzt mit seiner Gitarre auf der Bühne als würde er für ein paar Freunde ein wenig singen. Seine Überleitungen sind geschickt dosiert und mit lokalen und persönlichen Bezügen angereichert. Ob gesellschaftliche Auswüchse wie der Verlust der Identität durch allzu viele Kredit-, Member- und Bonuskärtli besungen werden, ob romantische Zeilen oder eine metaphorische Moritat über einen Teebeutel, der sich im kalten See ertränkt, oder ob er sich zur schrammenden Gitarre über die «füdliblutten Meitli» auf den Plakatwänden aufregt, Nils Althaus hat ein gutes Gefühl für die richtige, manchmal schön schräge Tonart, für die Intensität der Darbietung, für das Timing und für die Pointen.

 

Brillante Abdankung

 

Sein schauspielerisches Talent leuchtet zum Schluss auf: Er hält eine Abschiedsrede - eine Abdankung auf sich selber. Salbungsvoll, mit effektvollen Pausen, mit stupender Pastorgestik fasst er den Abend zusammen. Es wäre zum Schreien komisch gewesen, hätte sich das Publikum das laute Herauslachen nicht mehr oder weniger erfolgreich aus Pietätsgründen verkniffen. Das Lachen ist ihm nicht zum ersten Mal im Hals stecken gegeblieben. Denn einer wie Nils Althaus verpackt die Spitzen heimtückisch in seine schönen Lieder.

Einer wie Nils Althaus hat den begeisterten Applaus verdient, einen wie ihn mag man wieder hören (live oder auf CD) und man möchte ihn gern auf der Kinoleinwand sehen. Denn auch das sei noch erwähnt, der Glückliche taugt von seinem Aussehen auch als Schwarm.

 

Text und Bilder: Monica Dörig