AV - Roman Signer hilft Grenzen verwischen
Nur Stunden nach den politischen Verantwortungsträgern setzte auch die Kulturszene einen Abschluss hinter das Jubiläumsjahr – am Zwislenbach, dem Grenzgewässer zwischen dem Bezirk Appenzell und der Gemeinde Gais.
Der Ort war nicht ganz zufällig gewählt: Hier war das Kunstprojekt «Zundschnur» von Roman Signer – filmisch dokumentiert von Peter Liechti – mehrfach sabotiert worden. Auch von der Polizei, wie der international anerkannte Kunstler erläuterte. Nicht zuletzt deshalb war er der Einladung gefolgt, ein «Spektakel bei Vollmond» zu inszenieren mit dem Ziel, die Grenze zwischen beiden Appenzell als Schlusspunkt des Jubiläumsjahres «AR°AI 500» spielerisch zu uberwinden und damit zu verwischen.
Er tat es wie schon so oft mit angewandter Pyrotechnik. Hunderte von Zuschauern jeden Alters standen reihum, als zunächst ein Tisch, angetrieben von mehreren Raketen, in wunderschönem Bogen von Innerrhoden nach Ausserrhoden flog. Wie sich die Pyros bei dieser Kälte verhalten wurden, sei ungewiss, hatte er vorausgeschickt und auf gehörigem Sicherheitsabstand bestanden. Zu Recht, wie der zweite Teil der Aktion ergab.
Als Antwort auf das «Trätzle» der Innerrhoder Seite sollte nämlich ein hölzernes Spielhaus gen Westen fliegen. Das aber landete nicht ennet, sondern im Bach, während sich der Antrieb mit furiosem Zischen in Luft auflöste. So erlebte das Jubiläumsjahr ein unplanmässiges Ende mit Feuerwerk. Zum Landeplatz des Objekts meinte Signer: «Das passt so, schliesslich sind wir ein Appenzellerland. Innere Grenzen sind unwichtig.»
Rahmenprogramm bei Eiseskälte
Eingeladen zum Grenzhalt hatten die Kulturkommission Gais und die Kulturgruppe Appenzell. Der Ort der Handlung war mit Kunstlicht zauberhaft erleuchtet – zur Unterstutzung des Vollmonds, der seinen namhaften Beitrag leistete. Bei Eiseskälte bildeten sich Schlangen am Verpflegungsstand, wo feine Gerstensuppe, Gluhwein und Punsch ausgegeben wurden. Musik aus der «Kiste» von Patrick Kessler (Ledi-Projekt) liess erahnen, wie langsam Zeit vergehen kann.
Auf einer grossen Leinwand konnte eine Sequenz aus dem Film «Zundschnur» mitverfolgt werden, die Signers Kommentar zur störenden Polizeiintervention eindringlich wiederholte: «Der Gerechtigkeit ist also Genuge getan, wie man so schön sagt.»
Vorgetragen wurden schliesslich die Siegertexte aus dem Grenzhalt-Poesiewettbewerb fur Jugendliche. Die sechs Preisträger ernteten grossen Applaus.
Text: Rolf Rechsteiner (Appenzeller Volksfreund)
Bilder: Toni Küng (Gossau)