AV - Vollmundiges Parlieren über gehaltvolle Tropfen

Thomas C. Breuer beherrscht sowohl das Weinverkostervokabular als auch den Schwiizerdütschdiminuitiv.

Der deutsche Kabarettist, Träger des Salzburger Stiers, Thomas C. Breuer hat sich am Samstag im Restaurant Alpstein in Appenzell an einem Glas Lambrusco festgehalten und über die Weinkennerszene ausgelassen. Dabei zeigte er sich auch als Connaisseur der Schweizer Charakteristika und Liebhaber köstlicher Wortspielereien.

Die zahlreichen Gäste der Kulturgruppe Appenzell gingen angeheitert – zumindest heiteren Gemüts – nachhause. Thomas C. Breuer hatte sie aufs Vorzüglichste unterhalten, mit gehaltvollem Wortkabarett, mit einem Anklang von Satire, spritzigen Wortspielen und vollmundigem Lokalkolorit. Schnell wurde seine Sympathie für hiesige Gewächse offenkundig: Von Trotten bis Trottel, von Botox bis Halbtax, von Ricola bis Rucola, von Brocki bis Schoggi scheint ihm nichts Schweizerisches fremd zu sein. Er scheint sich auszukennen bei Bluescht und Wümmet, Tennisarm und Steuerfuss; er kennt wohl die Zusammenhänge zwischen Kuh und IQ, Business und Swissness, Peking­ente und Kontingente.

Er kredenzte dem Publikum seine Erkenntnisse unter dem vielversprechenden Titel: Kabarett Sauvignon – Wein, Witz und Gesang. Die Zuhörenden durften sich keinen Moment beduseln lassen, sonst hätte es eine der Schluck auf Schluck folgenden Pointen verpasst oder die feinen Nuancen des Wortwitzes nicht auskosten können.

Typische Gewächse
Viele Freundschaften und Auftritte im Terroir haben Thomas C. Breuers Zuneigung zum ostschweizerischen Landstrich und seiner Wein- und sonstigen Kultur reifen lassen. Fast könnte man den Schwaben als integriert durchgehen lassen. Sein Motto: «Was du heute kannst besörgeli, das verschiebe nicht auf mörgeli».
Der gelernte Buchhändler aus Rheinland-Pfalz hat zum Anbaugebiet Appenzell Innerrhoden recherchiert, zitierte Oeno-Poeten – zu denen man ihn ebenfalls zählen darf! –, streifte die Wölfe im Rhonetal, Golfbälle im Jura und die Weinbrandgefahr im Tessin.
Thomas C. Breuer erwies sich auch als Connaisseur der einheimischen Traubensorten: Schwarzriesling CVP, die hierzulande in hoher Konzentration gedeiht, Rouge de Rouge SP mit ihrer schwefligen Säure, Blauburgunder FDP, der in Steillagen die Luft ausgeht, und Grauburgunder SVP, bei der die soziale Kälte durchschlägt. Vielleicht sollten sich Ostschweizer Entscheidungsträger ein Beispiel an Angela Merkel nehmen, riet der Kabarettist mit dem besonderen Gaumen für Wortklang: Die Kanzlerin hat ein Händchen für Menschentrauben.

Wein trinken und Blues blasen
Nach gepflegtem Parlieren über Wein, Sörgeli um Geldanlagen in Flaschenform, Weinlagen am Golf von Solvent, über die grassierende Vorsorgerose und modische Allergien propagierte der Wortspieler: «Denk global, sauf regional».
Für ihn sind Weinproben betreutes Trinken. Da kann er seine poetische Ader auspressen, über den unfassbaren Anklang von Röstkartoffeln schwadronieren (oder waren es Pellets?). Zwischen Spiegelungen von Aktualitäten, einem Anklang von Schüsslersalzen und im Baregg-Fass geläuterten Sprüchen flocht er das letzte Bouquet-Element ein, den Gesang: Auf dem Goschehobel (Muulörgeli) begleitet, sang er schwäbische Melancholie: «Wes Wein ich trink, des Blues ich blos».


Text und Bilder: Monica Dörig