Von Hamstern, Sirenen, Fussball und Sex
Birgit Süss plaudert munter drauflos, ganz ohne Punkt und schon gar ohne Kommas. Zwischendurch singt sie auch, begleitet von Klaus Ratzek an der Tuba oder dem Kontrabass. Im bis auf den letzten Platz gefüllten «Alpstein» bot einzig die Pause Zeit, um Luft zu holen.
Es geht doch nichts über einen entspannten Samstagabend – nette Leute treffen, bei Bier und Prosecco Neuigkeiten erfahren und als Bonus noch eine Künstlerin, die viele Lacher verspricht. Dem gemütlich auf den bequemen Stühlen eingerichteten Publikum servierte Birgit Süss zuerst einmal ein musikalische Amuse-bouche über das Chansonettendasein, das sich oft mehr als Wurstsalat denn als Baguette entpuppt.
Mit Schwung zurück
Bereits 2013 fegte die Deutsche durch Appenzell. Mit ihrem aktuellen Programm «Paradies. Und das.» konnte sie wieder einen Abend lang voll in den Bann ziehen – nicht zuletzt dank Klaus Ratzek. Seine mal dem Kontrabass, mal der Tuba entlockten Töne begeisterten ebenso wie der Gesang von Brigit Süss. Die stärksten Momente hatten die beiden dazu im Zusammenspiel – sie wortreich, er meist nur mit einem vielsagenden Blick, der gerne auch leicht ins Leidende kippen konnte.
Wie nun funktioniert der bissig-schräge Witz von Birigit Süss eigentlich? Sie ist weder explizit noch zottig, sie ist nie platt und trotzdem bodenständig und immer hat man das Gefühl, das Erzählte ist ihr tatsächlich passiert. Kommt dazu, dass sie sich völlig unverfroren selber die Stichworte gibt. Da kann eine Anekdote mit der Erotik eines Ausmalbuches für Erwachsene beginnen, mit dem Vergleich von Sex und Fussball weitergehen und dann beim Fussball verharren. Und was macht das Publikum: Es hört Fussball und denkt Sex und die Pointen treffen besser als der beste Penaltyschütze.
Die Mutti
Der Aufenthalt in einem Oekohotel wird bei Birgit Süss zu einer einzigen Schmährede gegen die Allzukorrekten, die Übersensiblen und die Hauptsache-gesund-Essenden. Da half zuhause nur ein «blutiger Fetzen Fleisch». Und dann kam sie, die Mutti. Zuerst auf Besuch und entsetzt ob der Unordnung und der immensen Population an Wollmäusen. Dann bei sich zuhause an Weihnachten. Beide auf dem Sofa, die Tochter (Birgit Süss) isst Plätzchen und trinkt unglaubliche Mengen Glühwein. Im Fernseher läuft eine mehrstündige Show mit «Helene, der Sirene». Natürlich wird die Tochter mit der Überfrau verglichen, natürlich zu deren Nachteil. Und weiter geht es mit depressiven Hamstern, die völlig lustlos am Rad drehen. Nach der Pause brillierten Süss und Ratzek vor allem musikalisch. Die swingende Tuba, die später noch geloopt wird, und der eindringlich jazzige Gesang lassen das Programm ausklingen.
Silvio Signer, Präsident der Kulturgruppe, wies bereits auf das Konzert im Mai hin. Dann kommt «Stiller Has» im Duo in die Ziegelhütte. Wer das nicht verpassen will, sollte sich bald einmal Tickets besorgen – am besten direkt über die Webseite der Kulturgruppe.
Text und Bild: Reto Pfändler, Gais AR